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Die Alternative zum Gerichtsprozess
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Unterschiedliche Auffassungen können in einem Streit bis hin zur juristischen Auseinandersetzung münden. Eine Rechtsschutzversicherung kann dann hohe Kosten abwehren. Allerdings haben diese Verträge einen Haken: Die Risikoausschlüsse stellen sich häufig erst heraus, nachdem der Versicherungsnehmer die Kostenübernahme für einen Streitfall beantragt. Um es also gar nicht erst soweit kommen zu lassen, stellen wir hier die Mediation als Alternative zum gerichtlichen Prozess vor.
Kostenübernahme für Mediation über Versicherer
Viele Rechtsschutzversicherer auf dem Markt übernehmen mittlerweile die Kosten für Mediation. Doch nicht jeder Versicherer bietet seine Leistung im gleichen Umfang wie die Konkurrenz an. Daher lohnt ein vergleichender Blick in die Vertragsbedinungen der Anbieter.
Versicherer | Mediation als Leistung möglich seit | Leistungsumfang des Versicherers für Mediation | Versicherer weist Kunden aktiv auf Mediation als Gerichtsprozess-Alternative hin |
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Adam Riese | 2018 | Bis zu 3.000 € je Versicherungsfall. Auf Wunsch erfolgt eine Vermittlung eines qualifizierten Mediators. Sind am Mediationsverfahren auch nicht versicherte Personen beteiligt, werden anteilig die Kosten übernommen, die auf den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen entfallen. | Ja, bei Schadensmeldung. |
Advocard | 2010 | Max. 180 € pro Mediationsstunde, die Stundenanzahl ist unbegrenzt. Ausnahme im Fall des Beratungs-Rechtsschutzes: Statt Anwaltskosten für einen Rat auch Kostenübernahme bis max. 1.000 € für Mediation. | k.A. |
Allianz | 2010 | Bis zu einem Stundensatz von 250 €, max. jedoch 2.000 € je Fall für einen von der Allianz vorgeschlagenen Mediator. Max. 4.000 € insg. im Kalenderjahr für alle eingeleiteten Mediationsverfahren. Dies gilt auch, wenn sich Streitparteien auf einen anderen Mediator geeinigt haben. | Ja, soweit der Streitfall für eine Mediation geeignet ist. |
Arag | 2010 (seit 2008 für Gewerbekunden) | Bis zu 1.500 € oder 3.000 € je Mediation, abhängig von den Vertragsbedingungen. | Ja, bei Schadensmeldung. |
Auxilia | 2003 | Versicherer trägt nur den Anteil der Kosten für den Mediator, der auf den Versicherungsnehmer entfällt. Höchstbetrag 3.000 € pro Verfahren bzw. 6.000 € pro Jahr. Andere Erstatttung bei selbst gewähltem Mediator (Leistungen in § 5a der ARB/2016 geregelt). | Ja, insbesondere bei Anfragen direkt durch Versicherungsnehmer. |
BGV | 2008 | Kostenübernahme | Ja, soweit der Streitfall für eine Mediation geeignet ist. Nicht, wenn ein Anwalt den Fall bereits bearbeitet. |
Continentale | 2011 | Max. 2.000 € je Fall bzw. 4.000 € im Kalenderjahr. Mediation muss in Deutschland stattfinden. | Ja |
DA direkt | k.A. | k.A. | k.A. |
Debeka | 2006 | Abhängig vom Versicherungsvertrag und den Gerichtskosten der ersten Instanz. Aktuelle Bedingungen ARB 2018: Kostenübernahme je Medation max. 3.000 €, bei mehreren Mediationen max. 6.000 € pro Kalenderjahr. Keine Anrechnung auf ein folgendes Gerichtsverfahren, keine Selbstbeteiligung. | Nein |
DEVK | 2008 | Kostenübernahme laut Tarif | Ja, z.B. auf Anträgen, Policen, Flyern, im Internetauftritt sowie am Telefon, wenn ein Kunde um Kostenschutz bittet und der Fall geeignet scheint. |
Ergo | 2005 | Max. 2.000 € je Fall für den Anteil des vom Versicherer vermittelten Mediators, der auf den Versicherungsnehmer entfällt. Max. 4.000 € für alle in einem Kalenderjahr eingeleiteten Mediationsverfahren. Übernahme der Mediationskosten auch im Familien- und Erbrecht sowie im Baurecht. Keine Selbstbeteiligung. | Ja |
friendsurance | friendsurance ist ein Versicherungsmakler, daher sind die Informationen beim jeweils vermittelten Versicherer einzuholen. | ||
getsafe | 2018 | Bis zu 10.000 € pro Jahr. | Wird von den Juristen individuell entschieden, da fallabhängig. |
GVO | 2008 | GVO VIT-Deckung: Kostenübernahme bis zu 1.000 €; GVO TOP VIT-Deckung: Kostenübernahme bis zu 2.000 €. | Nein |
Huk-Coburg | 2009 | Kostenübernahme | Ja, in geeigneten Fällen. |
Itzehoer | 2007 | Bis 3.000 € je Fall, max. 6.000 € insg. im Versicherungsjahr. Bei „compact“: Bis 1.500 € je Fall, max. 3.000 € insg. im Versicherungsjahr. | Ja, bei telefonischen Neuschadensmeldungen. |
Örag | 2011 | Bis zu 2.000 € je Mediation. Für alle in einem eingeleiteten Mediationen max. 4.000 €. | Ja |
R + V | 2011 | Bis zu 1.500 € pro Mediation. Für alle in einem Kalenderjahr eingeleiteten Mediationen max. 3.000 €. | Ja |
Roland | 2010 | Kostenübernahme laut aktueller Bedingungen bis zu 10.000 € pro Kalenderjahr – zusätzlich auch in nicht versicherbaren Rechtsgebieten wie z.B. Baurisiken oder Streitigkeiten mit Lebenspartnern. | Ja |
VGH | 2011 | Bis zu 2.000 € je Mediation. | Ja |
Quelle: €URO, Ausgabe 01/19, „Schlichten statt richten“ (S. 114): Angaben der Versicherer, Details sind den entsprechenden Vertragsbedinungen zu entnehmen, Stand 2018; Angaben der Versicherer zu eigenen Recherchen (betrifft Adam Riese, DA direkt, friendsurance, getsafe), Stand 2019 |
Ombudsmann immer mehr gefordert
Im Familienrecht wird beispielsweise bei Erbschaftsstreitigkeiten nur die Erstberatung übernommen, Streitigkeiten im Zusammenhang mit Immobilienkäufen oder Neubauten sind häufig vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Die Zahlen der Beschwerden beim Versicherungsombudsmann aufgrund von Rechtsschutzversicherungen steigen von Jahr zu Jahr. Auch wenn die Deutschen, im Gegensatz zu den allgemeinen Annahmen, kein prozesswütiges Volk sind, müssen die Versicherer ihre Ausgabenseite im Griff behalten. Vor einigen Jahren haben sie dazu ein probates Mittel gefunden.
Mediation günstiger als Prozesskosten
Angenommen, zwei Nachbarn geraten in Streit. Die Sache eskaliert, geredet wird nicht mehr, man sieht sich vor Gericht. Der Richter spricht sein Urteil, der eine bekommt Recht, der andere nicht, aber in der Regel gibt es am Ende zwei Verlierer. Die Atmosphäre der Nachbarschaft ist für immer vergiftet. Die Rechtsschutzversicherung hat viel Geld für Anwalt und Gericht bezahlt, der Versicherungsnehmer musste die fast immer übliche Selbstbeteiligung tragen.
Es gibt aber noch einen anderen Weg. Sinnvoller als vor Gericht zu ziehen ist es, einen Mediator zu beauftragen. Mediatoren sind speziell ausgebildete Streitschlichter, die es verstehen, verfeindete Parteien an einen Tisch zu bringen und sie dazu zu motivieren, miteinander zu sprechen. Mediatoren sind grundsätzlich überparteilich und völlig unabhängig.
Ziel der Mediation ist es, dass die gegnerischen Parteien gemeinsam einen Konsens finden. Der Vorteil ist offenkundig: Ein gemeinsamer Konsens bedeutet, dass eine Lösung gefunden wurde, die beiden nutzt. Im Beispiel des Nachbarschaftsstreit kann außerdem ein weiteres, „entgiftetes“ Zusammenleben ermöglicht werden.
Für die Versicherer hat die Mediation einen klaren Kostenvorteil: Sie ist deutlich günstiger als ein Gerichtsverfahren. Dies zeigt sich auch darin, dass die Versicherer bei einem Mediationsverfahren auf die Selbstbeteiligung verzichten.
Wie läuft die Mediation ab?
Ein Mediationsverfahren ist in fünf Schritte gegliedert. Der Schwerpunkt liegt auf Schritt Drei.
1. Schritt:
Einweisung der Parteien in den Mediationsprozess und Hinweis auf die Verhaltensmaßregeln, die auf Höflichkeit, Ausreden lassen, Verzicht auf Beleidigungen, Zulassen von Notizen und dem Interventionsrecht des Mediators basieren. Sind die Medianden damit einverstanden, wird der Mediationsvertrag unterzeichnet.
2. Schritt:
Darstellung der unterschiedlichen Sichtweisen der Medianden, zusammengefasst an einem Flipchart. Der Mediator hinterfragt, fasst zusammen und stellt sicher, dass alle Aspekte vorgetragen wurde. Die Redezeit der Parteien ist gleichlang.
3. Schritt:
Im Schritt Drei kommt es zum direkten Gespräch zwischen den Medianden. Der Mediator hinterfragt noch einmal, was der eigentliche Konflikt ist und welche weiteren Konflikte sich dahinter verbergen (Eisberg-Problematik). Es folgt die Herausarbeitung der Wünsche und Bedürfnisse der Medianden. Führt der direkte Dialog zu erneuten Problemen oder gerät ins Stocken, kann der Mediator mit Zustimmung der Parteien erneut Einzelgespräche führen.
4. Schritt:
Zu den in Schritt Drei herausgearbeiteten ersten Lösungsansätze geht es nun darum, konkrete Lösungen zu finden. Dies geschieht im Rahmen eines Brainstormings, indem zunächst alle denkbaren Vorschläge gesammelt werden. Ist das Brainstorming abgeschlossen, werden umsetzbare Ansätze herausgefiltert und überlegt, in welcher Form eine Umsetzung denkbar wäre.
5. Schritt:
Ist eine Einigung erreicht, wird diese ausformuliert und von einem Rechtsanwalt auf die juristische Belastbarkeit geprüft. Idealerweise formuliert der Anwalt auch die Vereinbarung aus. Das Ergebnis der Mediation wird auf jeden Fall schriftlich festgehalten, vom Anwalt verlesen und von den Parteien und dem Mediator unterschrieben.